Ich finde, dass das Rad fahren dem abstrakten Kunstprozess eine verständlichere Hülle verleiht und den Kunstprozess konkretisiert. Bei meinen Radreisen mache ich ähnliche Erfahrungen wie beim Entstehungsprozess eines Kunstwerks. Die Arbeit an einem Kunstwerk kann extrem belastend sein. Selbst wenn manche Abläufe zur Routine werden, muss ich als Künstler viel Kraft investieren, um mit dem Endergebnis zufrieden zu sein. Dieser Prozess bleibt dem Betrachter verborgen. Ich kann zwar beschreiben, dass das Malen eines Bildes mit Höhen und Tiefen verbunden ist und ich teilweise vor einem Bild stehe und das Werk und mich selbst hasse, weil das was ich sehe, nicht zu dem passt, was ich mir in meinem Kopf ausgemalt hab, aber die wenigsten können solche Strapazen nachvollziehen.
Statistik
Radfahrten: 121
Distanz: 8.762,0km
Bewegungszeit: 398h 09min
Längste Tour: 401,0km
Das ist zwar auch nicht wichtig, um ein Werk zu verstehen, weil Kunstwerke immer für sich sprechen sollte, aber für mich ist der Entstehungsprozess eines Kunstwerks und die damit verbundene Reflektion des Werks, der Welt und der eigenen Person wichtiger als das Kunstwerk. Das Werk ist ein Nebenprodukt, das es dem Betrachter ermöglicht seinen eigenen Reflektionsprozess zu erleben. Ich möchte aber auch den Entstehungsprozess sichtbar machen.
Video meiner Radreise von Düsseldorf nach Berlin.
400km in 24 Stunden mit dem Fahrrad zu fahren, Tag und Nacht unterwegs zu sein ohne größere Pausen und ohne Schlaf, ist eine Erfahrung, die die wenigsten gemacht haben. Die damit verbundenen Strapazen sind für die meisten trotzdem nachvollziehbarer als der Kampf des Künstlers mit einer leeren Leinwand.
Im Gegensatz zur Leinwand ist das Kunstwerk bei diesem Projekt versteckter und viele werden sich fragen, ob Radfahren Kunst sein kann. Seit dem 20. Jahrhundert kann alles zur Kunst erklärt werden. Nicht nur Alltagsgegenstände, sondern auch Aktionen oder Performances. Wichtig ist, dass der Betrachter berührt wird. Das er sich mit dem Werk auseinandersetzt. Für Gadamer ist die Kunstbetrachtung ein Spiel. Entscheidend ist nicht die Werkinterpretation, sondern sich auf das Spiel einzulassen.
In diesem Fall besteht die Schwierigkeit für den Betrachter darin das Spielfeld zu finden. Die Dokumentation meiner Reisen sollten nicht mit dem Werk verwechselt werden. Das Werk ist der Prozess, der noch bis Ende des Jahres weiterläuft. Bis dahin werden weitere Artikel, Fotos und Videos entstehen, um den Kunstprozess sichtbar zu machen und es bleibt offen, was als Werk am Ende dieses Prozess übrig bleibt.